I. Auf der Suche nach einem neuen Kompass
In der Weltwirtschaft hat es im vergangenen Jahr ermutigende Entwicklungen gegeben. Damit ist die missliche Lage allerdings noch nicht überwunden, da die Nachwirkungen der Großen Finanzkrise immer noch zu spüren und die ihr zugrundeliegenden Kräfte immer noch am Werk sind. Um die Nachwirkungen hinter sich zu lassen, muss die Politik über ihren traditionellen Fokus auf den Konjunkturzyklus hinausgehen und eine längerfristige Perspektive einnehmen. Außerdem muss sie etwas gegen die längerfristige Dynamik des Auf- und Abbaus jener Risiken in der Wirtschaft tun, die den Finanzzyklus kennzeichnen. Und geborgtes Geld darf nicht mehr der wichtigste Wachstumsmotor sein. Die Rückkehr zu einem nachhaltigen Wachstum erfordert in allen großen Volkswirtschaften gezielte Maßnahmen, unabhängig davon, ob diese Volkswirtschaften von der Krise betroffen waren oder nicht. Die am stärksten betroffenen Länder müssen die Bilanzsanierungen und die Strukturreformen abschließen. Die derzeitige Erholung der Weltwirtschaft bietet eine große Chance, die nicht ungenutzt bleiben sollte. Etliche Volkswirtschaften, die von den schlimmsten Auswirkungen der Finanzkrise verschont geblieben sind, wachsen dank kräftiger Finanzbooms weiter. In diesen Volkswirtschaften sollte die Politik vermehrt darauf hinarbeiten, diese Booms einzudämmen und sich für einen möglichen Abschwung zu wappnen. Auch in diesem Falle kann sie es sich nicht leisten, Strukturreformen auf die lange Bank zu schieben. Zur Abschwächung der Extreme des Finanzzyklus müssen die - fiskal-, geld- und aufsichtspolitischen - Handlungsrahmen künftig neu ausgerichtet werden, damit die Politik symmetrischer auf die Auf- und Abschwungphasen des Finanzzyklus reagiert. Andernfalls besteht die Gefahr, dass die Weltwirtschaft auf Dauer instabil bleibt und letztlich keinerlei politischer Handlungsspielraum mehr besteht.