Schlussbemerkungen: Vorbeugen statt heilen?

BIS Annual Economic Report  | 
24. Juni 2007
PDF full text
(56kb)
 |  15 pages

Der Konsens der Prognosen geht davon aus, dass die hohe Dynamik der Weltwirtschaft andauern wird. Es ist jedoch auf mindestens vier Unsicherheitsfaktoren hinzuweisen, auch wenn sich deren Eintrittswahrscheinlichkeit und potenzielle Wechselwirkungen nicht wirklich berechnen lassen. Erstens kann ein Anstieg des globalen Inflationsdrucks nicht ausgeschlossen werden. Zweitens ist der gegenwärtige Abschwung in den USA möglicherweise stärker und seine Auswirkungen auf die Weltwirtschaft größer als erwartet. Drittens besteht angesichts der weltweiten Leistungsbilanzungleichgewichte sowie der umfangreichen und volatilen Kapitalströme eine Anfälligkeit gegenüber abrupten Wechselkursveränderungen mit potenziellen Folgen für Finanzmärkte und Preise von Vermögenswerten. Viertens schließlich könnte an den Märkten für Vermögenswerte, an denen in der Regel bereits viel Optimismus in die Preise geflossen ist, jeglicher negative Schock unerwartete Konsequenzen haben.

Angesichts solcher Unsicherheiten ist eine vorausschauende Ausrichtung der Wirtschaftspolitik nicht einfach. Erschwert wird sie noch durch die laufende Debatte über die angemessene Rolle der Geldmengen- und Kreditaggregate in der geldpolitischen Praxis und darüber, wie wünschenswert vorbeugende Maßnahmen sind, um der prozyklischen Natur des Finanzsystems zu begegnen. Vor dem Hintergrund der Besorgnis über die allgemeine weltweite Inflation und sich abzeichnende, zunehmende Finanzierungsungleichgewichte in vielen Bereichen scheinen allerdings eine strengere überwachung und striktere Finanzierungsbedingungen angezeigt. Ebenso könnte eine größere fiskalpolitische Zurückhaltung auf kurze und mittlere Sicht willkommene Auswirkungen haben. Natürlich sollten solche Straffungen vor allem in Ländern mit hohen Leistungsbilanzdefiziten erfolgen. Die Chancen für einen geordneten Abbau der weltweiten Leistungsbilanzungleichgewichte dürften sich im Falle flexiblerer Wechselkurse und struktureller Veränderungen zusätzlich verbessern. Länder mit Leistungsbilanzdefiziten müssen sich auf die Produktion von handelbaren, solche mit überschüssen auf nicht handelbare Güter konzentrieren. Unter diesem Gesichtspunkt sind weder der bisherige Boom des Wohnimmobiliensektors in den USA noch die derzeitige Stärke des Exportsektors in Asien vorbehaltlos zu begrüßen.